Bain veröffentlicht neue Benchmarking-Studie für den Fußball

Finanznachrichten | Fußball
2024-04-05 07:52:44.0 | Quelle: presseportal.de

Die vorliegende Studie basiert auf öffentlich zugänglichen Informationen über die wirtschaftlichen Gegebenheiten der 16 Fußballvereine, die sowohl in der Saison 2022/2023 als auch 2023/2024 in der 1. Bundesliga spielten beziehungsweise spielen. Die Aufsteiger der letzten Saison, 1. FC Heidenheim und SV Darmstadt 98, und die Absteiger, FC Schalke 04 und Hertha BSC, sind nicht berücksichtigt.

Nicht nur sportlich, sondern auch wirtschaftlich ist der FC Bayern München in der Saison 2022/2023 nicht zu schlagen gewesen. In der zweiten Auflage des Bundesliga-Benchmarkings der internationalen Unternehmensberatung Bain & Company hat der Klub seine Spitzenposition verteidigt und die beiden Champions-League-Teilnehmer 2023/2024 Union Berlin und Borussia Dortmund sowie Eintracht Frankfurt und den 1. FC Köln auf die Plätze verwiesen.

Im Bain-Bundesliga-Benchmarking werden unterschiedliche Kennzahlen zu den entscheidenden Werthebeln im Profifußball - von Ticketverkäufen über Sponsoring und Merchandising bis hin zu Fanmobilisierung - verdichtet, woraus sich ein neuartiges Ranking in Tabellenform ergibt. Offensichtlich wird dadurch, wie effektiv die einzelnen Vereine ihre wirtschaftlichen Ressourcen einsetzen.

 

Ökonomisches Potenzial noch nicht ausgeschöpft

"Die Bundesliga verfügt insbesondere im Vergleich zur Premier League nur über begrenzte Mittel", erklärt Walter Sinn, Bain-Deutschlandchef und Co-Autor der Studie. "Es ist daher für die Vereine wichtiger denn je, möglichst effektiv zu wirtschaften." Dabei fördert sportlicher Erfolg den ökonomischen, wie zuletzt das Beispiel Eintracht Frankfurt gezeigt hat. Nach dem Gewinn der Europa League im Mai 2022 machten die Hessen im aktuellen Bundesliga-Benchmarking von Bain zwei Plätze gut. "Bundesliga-Klubs können ihren Ressourceneinsatz weiter optimieren", so Sinn. "Nach wie vor schöpft kein Verein sein wirtschaftliches Potenzial vollständig aus."

Das Bundesliga-Benchmarking zeigt einmal mehr, welcher Klub in welchen Bereichen Spitzenleistungen erbringt und wo noch Defizite bestehen. Bayer Leverkusen belegt beispielsweise den ersten Platz beim Merchandising. Kein Verein erzielt höhere Umsätze pro Fan. Die Traditionsklubs Borussia Mönchengladbach und Werder Bremen kommen gerade einmal auf ein Drittel der Umsätze pro Fan. In den sozialen Medien wiederum hängt der VfB Stuttgart alle anderen Vereine ab. Die in der Saison 2022/2023 im Abstiegskampf steckenden Schwaben verzeichneten seinerzeit die höchste Zahl von Instagram-Likes pro 1.000 Follower. Sportlich erfolgreiche Klubs wie Borussia Dortmund und Bayern München mussten sich trotz ihrer deutlich größeren Anhängerschaft mit einer wesentlich geringeren Zahl an Likes begnügen. Mit Blick auf diese Beispiele stellt Bain-Partner und Studien-Co-Autor Philip Dowling fest: "Wenn sich die Vereine bei den einzelnen Werthebeln für den wirtschaftlichen Erfolg an den jeweils Besten orientieren, können sie brachliegende Potenziale mit vertretbarem Aufwand heben."

So setzt der 1. FC Köln Maßstäbe, wenn es um den Gewinn zusätzlicher Mitglieder in der Anhängerschaft geht. Beim Sponsoring und insbesondere der Generierung internationaler Kapitalgeber ist dagegen Bayern München das Maß aller Dinge. Pro Sponsor erzielt der Klub einen Umsatz von durchschnittlich mehr als 7,5 Millionen Euro. Im Gegensatz dazu müssen sich zwei Drittel der etablierten Bundesligisten bislang mit im Schnitt weniger als einer Million Euro pro Sponsor begnügen.

 

Neue Zielgruppen und Einnahmequellen im Frauenfußball

Erstmals hat Bain in seinem diesjährigen Bundesliga-Benchmarking die aktuellen Entwicklungen im Frauenfußball beleuchtet. Infolge des Gewinns der Vize-Europameisterschaft im Sommer 2022 durch die Nationalmannschaft hat dessen gesellschaftliche und wirtschaftliche Bedeutung zuletzt deutlich zugenommen. So kam es in der Bundesligasaison 2022/2023 zu mehr als einer Verdreifachung der Besucherzahl. Zugleich gewähren mehrere Medienunternehmen als Partner für die Champions League beziehungsweise Bundesliga für die nahe Zukunft eine regelmäßige Fernsehpräsenz.

Immer mehr Vereine der Männer-Bundesliga fördern aktiv den Frauenfußball. Zwar sind sie dazu seitens der DFL per Lizenzauflage mittlerweile auch verpflichtet, doch dürfte sich ihr Engagement, das zu einer weiteren Professionalisierung des Frauenfußballs führen wird, kurz- bis mittelfristig auszahlen. Tatsächlich sieht Branchenkenner Dowling noch viel Potenzial für die Bundesligisten: "Wenn die Popularität des Frauenfußballs und dessen TV-Präsenz weiterwächst, können die Bundesligaklubs neue Zielgruppen ansprechen und so ihre wirtschaftliche Basis verbreitern."

 

Gratwanderung zwischen Interessen von Kapitalgebern und Fans

Chancen auf zusätzliche Einnahmen ergeben sich zudem durch den Ausbau des digitalen Geschäfts beispielsweise über eine Streaming-Plattform. Auf Dauer sollten die Bundesligisten, ähnlich wie die Vereine der US-amerikanischen Profiligen NFL und NBA, mit solchen Maßnahmen anstreben, über eine breite digitale wie analoge Präsenz sportlichen und wirtschaftlichen Erfolg ein Stück weit zu entkoppeln.

Damit diese Entkoppelung gelingt, müssen die Bundesligisten regelmäßig die Interessen ihrer Fans sowie der Kapitalgeber über eine Potenzialanalyse erfassen und auf dieser Grundlage systematisch austarieren. Eine Gratwanderung, wie die Diskussionen um die Montagsspiele, die 50+1-Regel sowie zuletzt der nach lautstarken Protesten der Fanbasis geplatzte Investoreneinstieg bei der DFL zeigen.

Die Bundesligavereine sind gefordert, im Dialog mit allen Beteiligten auch weiterhin Chancen für zusätzliche Einnahmen auszuloten und so ihren finanziellen Spielraum zu erhöhen. Bain-Deutschlandchef Sinn betont: "Es braucht eine solide wirtschaftliche Basis, um in der Bundesliga und international oben mitspielen zu können. Und letztendlich erwarten die Fans von ihrer Mannschaft vor allem eins: sportliche Erfolge."